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Ich überlege mir gerade wo man einen Laufbericht für einen Marathon beginnt. Man könnte durchaus bereits bei der Vorbereitung beginnen. Fünf bis sechs lange Läufe sind ja bekanntlich nötig, um sich seriös auf einen Marathon vorzubereiten. Diese werden einem natürlich auch vom running.COACH so vorgegeben.
Die meisten dieser Läufe habe ich, gemäss dem Trainingsplan, auch bei hohem Tempo durchführen müssen. Das war zum Teil wirklich hart. Ich habe mir eine Trainingsstrecke ausgesucht, welch vergleichbar ist mit dem Marathon in Luzern und vorwiegend über asphaltierte Strassen führt. Die Strecke war eher langweilig und die Motivation für dieses Training war nicht immer gleich hoch. Das war zuweilen auch mental eine rechte Herausforderung. Im grossen Ganzen aber sind mir die Läufe gut gelungen und ich konnte diese sowohl betreffend Dauer und Pace in etwa den Vorgab entsprechend umsetzen.
Als anspruchsvoll habe ich auch die, immer länger werdenden, Mitteltempo- und Intervall-Trainings empfunden. Nach dem ich im ersten Halbjahr vor allem Bergläufe gemacht habe, hatte ich den Eindruck, dass ich mit der schnellen Pace im flachen Gelände etwas Mühe hatte.
Je näher der Anlass rückt desto mehr wurde natürlich das Wetter zum Thema. Und von der Wetterfront gab es leider nichts erfreuliches zu vernehmen. Ein Kälteeinbruch hat sich auf das Wochenende angekündigt und es wurde Regen prognostiziert.
27.10.2018
Der Tag vor dem grossen Tag! Bereits heute bin ich mit dem Zug angereist, um meine Startnummer an der Marathonmesse abzuholen. Und um es vorneweg zu nehmen, ich bin von der Organisation dieses Anlasses sehr angetan.
Es fängt bei eben dieser Marathonmesse an welche im ehrwürdigen Hotel Schweizerhof untergebracht ist. Man kann hier bereits ab Freitag seine Startnummer abholen. Wie ich gehört habe profitiert eine Mehrzahl der Läufer von dieser Möglichkeit. Die spezielle Location mag auch zu diesem Umstand beitragen. Die Messe ist, schon aufgrund der Platzverhältnisse, klein und es tummeln sich sehr viele Leute in den Hotelhallen. Ich schlendere zwischen den Ausstellungsständen hindurch um zur Startnummer Ausgabe zu gelangen.
Auf dem Weg dahin entdecke ich den Stand von Peak Punk. Dem Verpflegungspartner des Swiss City Marathon. Hier probiere ich kurz das isotonische Getränk und auch die Riegel welche dann später auch auf der Strecke angeboten werden. Es heisst ja eigentlich, dass man vor einem Rennen immer die angebotene Verpflegung ausprobieren soll. Darauf habe ich verzichtet, obwohl es mein erster Marathon ist. Bisher hatte ich mit der Verpflegung nie Schwierigkeiten.
Die Startnummerausgabe verläuft dann recht zackig. Hier ist plötzlich nicht mehr so viel Betrieb und die Helfer hinter dem Tresen scheinen nur darauf zu warten, dass es wieder etwas zu tun gibt.
Was man sich natürlich auch nicht entgehen lassen sollte, ist der Pasta/Röstiteller, welcher im Startgeld inbegriffen ist.
Bereits im Vorfeld habe ich erfahren, dass draussen vor dem Schweizerhof das City-Train eine Rundfahrt auf der (Halb)Marathon Strecke anbietet. Diese Gelegenheit wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Um 17 Uhr fahre ich mit der letzten von 4 Fahrten los. Und ich finde es hat sich gelohnt zumal man auch verschiedene interessante Infos erhalten hat. Unter anderem habe ich festgestellt, dass es durchaus auch etwas hügelig ist. Etwa 3 Steigungen hat es zwischen dem KKL und Horw. Interessant waren auch die Hinweise auf die verschiedenen Verpflegungsstellen. Etwas weniger die Hinweise auf die Berge, die sich partout nicht zeigen wollen an diesem Wochenende.
28.10.2018
Der grosse Tag. Heute steht mein erster Marathon an. Und das bedeutet, ihr kennt das, früh aufstehen und viele essen. Wie viel ist genug? Vermutlich habe ich es übertrieben. Jedenfalls werde ich meine obligate Banane 1 Stunde vor dem Start nicht mehr essen mögen.
Etwa um viertel nach fünf lege ich mich nochmals hin. Ich weiss, dass ich in etwa einer Stunde aufstehen muss und schlafe nicht mehr wirklich. Gut habe ich in Luzern eine Schlafgelegenheit. Sonst müsste ich längst auf dem Zug sein.
Als um 6:15 der Wecker klingelt fühle ich mich gut erholt. Ich habe ganz gut geschlafen und freue mich auf den Tag.
Es ist jetzt etwa 7:45 Uhr und wir kommen mit dem Zug beim Verkehrshaus an. Zunächst suche ich die Umkleidekabinen auf und deponiere meine Tasche dort. Dank der Rundfahrt mit dem City-Train weiss ich schon gut Bescheid wo ich hin muss.
Danach erfolgt das obligate Einlaufen. Ich nehme mir wirklich Zeit dafür heute. Es ist bitter kalt. Immerhin, so die Prognose, sollte es nicht mehr viel regnen während dem Wettkampf. Ich erwarte leichten Regen zwischen 9 und 10 Uhr und danach eher trockenere Verhältnisse.
Für mich geht es dann um 9:02 Uhr im zweiten Startblock los (Zielzeit unter 3:15h). Meine Prognose vom running.COACH lautet 3:07. Ich habe schon gehört, dass die Prognosen betreffend Marathon eher optimistisch seien. Das ist ja auch mein erster Marathon und ich erhoffe mir einfach mal eine Zeit von +/- 3:10. Halt mal schauen was da so rauskommt.
Wegen der Kälte habe ich nicht nur ein langes Shirt, sondern auch noch ein kurzes darunter angezogen. Weiter habe ich noch zwei Pulswärmer angezogen und zwei dünne Handschuhe, welche ich glücklicherweise ausleihen konnte. Sie sind nötig, denn ich habe recht schnell kalte Hände.
Schon beim Einlaufen habe ich das Gefühl, frische Beine zu haben. Ich laufe also relativ zügig los und habe auch vorzu Plätze gut gemacht, nach dem ich im Startblock eher hinten gestartet bin.
Etwa beim dritten und ich meinte grössten Hügel Richtung Horw habe ich dann auch den Pacemaker für 3:15 hinter mir gelassen.
Bereits bei der Besichtigung mit dem City-Train war ich positiv überrascht, wie schön die Strecke entlang dem See hier doch ist. Und ganz toll an diesem Marathon finde ich die vielen Musiker an der Strecke. Ich habe den Eindruck, dass diese hier auch nicht irgendwo entlang der Strecke gespielt haben sondern ganz bewusst auch für die Läufer. Oft sind sie direkt auf die Laufstrecke ausgerichtet.
Die Strecke durch Horw ist dann weniger interessant. Dafür hat es wieder mehr Leute hier und auch einen Speaker. Ganz gut finde ich auch den Abschnitt durch die Schrebergärten nach Horw. Das Wetter hat sich bisher an die Prognosen gehalten. Gelegentlich etwas Regen, aber nicht sehr heftig. Und dann auf dem Weg durch die Schrebergärten folgt plötzlich ein recht heftiger Eisregen.
Gleich darauf folgt ein weiteres Highlight, nämlich die Swissporarena des FC Luzern. Ich habe noch die Hoffnung, hier etwas Schutz vor dem Regen zu finden, leider vergebens. Beim ersten durchlaufen des Stadions sind einige Leute auf den Rängen. Schliesslich wurde hier auch ein Brunch angeboten.
Danach geht es durch den Suva Tunnel. Für mich auch dies ein interessanter Teil. Etwa 100 Meter geht es hier durch das SUVA Gebäude hindurch.
Nun geht es nicht mehr lange und das KKL folgt. Und das ist dann wirklich einmalig. Zunächst läuft man dem Gebäude entlang bevor man links einbiegt. Es wird dunkel und laut. Musik dröhnt aus den Boxen und links und rechts rufen die Zuschauer. Das gibt nochmals viel Energie für die Strecke bis zum Verkehrshaus.
Die Strecke macht aber noch einen Schlenker durch die Altstadt. Und hier merke ich, dass ich bereits total nasse Füsse habe. Auch die Strecke entlang des Sees Richtung Verkehrshaus zieht sich in die Länge und ich merke, dass ich zunehmend schwerere beine bekomme.
Noch bin ich super unterwegs. Nach etwa 1h31 wende ich und mache mich auf den Weg auf die zweite Runde. Ich schaue auf meine Uhr und sehe, dass ich noch immer mit einer Pace von etwa 4:21 unterwegs bin. Das ist tatsächlich viel zu schnell. Später werde ich feststellen, dass ich noch nie so schnell unterwegs war auf 10 Meilen. Auch auf einem Halbmarathon nicht, wobei mir hier etwas die Vergleichswerte fehlen.
Ich laufe schon eine ganze Weile Richtung KKL zurück bis ich den Pacemaker für 3:15 sehe. Aber ich merke auch zunehmend, dass ich dieses Tempo niemals so durchziehen kann. Nach dem KKL beginnt dann die etwas hügeligere Strecke Richtung Horw. Die Beine werden immer schwerer und ich werde immer wieder überholt von Läuferinnen und Läufern, während ich mit den Aufstiegen zu kämpfen habe.
Kommt hinzu, dass auf der zweiten Runde nicht mehr sehr viele Läufer unterwegs sind. Der Swiss City Marathon ist der grösste Halbmarathon der Schweiz mit etwa 7000 Läufern. Beim Marathon sind es aber nur rund 1000 Finisher. Umso mehr erfährt jeder einzelne den Support der Zuschauer die dem schlechten Wetter trotzen. Schön finde ich, dass bei diesem Lauf die Namen auf den Startnummern gross geschrieben sind und die Nummer etwas kleiner darunter. Die Zuschauer sehen also viel besser wer da angerannt kommt und rufen die Namen der Läufer. Dies motiviert ungemein. Ich bemühe mich auch immer, mich mit einem Lächeln, einem ausgestreckten Daumen oder zuwinken zu bedanken. Was wiederum weitere Zuschauer zurufe nach sich zieht. Kurzum, die Stimmung ist fantastisch!
Herausheben kann man hier zwei regelrechte Party Zonen, die mir die harte Strecke zwischen KKL und Horw verkürzen konnten und für Abwechslung gesorgt haben, zumal man bei diesem Wetter ja auch nichts vom schönen Panorama hat. Zuerst kommt man an einer privaten Garage vorbei bei der Schlagermusik läuft. Dort gibt es viele Leute die unglaublich Stimmung machen.
Danach kommt ein Haus, bei welchem im ersten Stock lautstark Rockmusik läuft. Der Kontrast könnte nicht grösser sein. Aber die Stimmung ist immer super!
Kurz vor Horw werde ich dann vom Pacemaker 3:15 überholt mit seiner Truppe von Läufern. Sehr viele sind es nicht. Ich meinte aber, dass das der Moment ist, an dem ich vom AK Rang 15. auf 21. zurückgeworfen werde. Mir war bereits zuvor klar, dass dieser Moment kommen würde. Ich habe noch kurz versucht das Tempo mitzugehen, habe aber sofort gemerkte, dass das nicht gut kommen würde. Enttäuscht war ich deswegen nicht. Es waren nun rund 30 Kilometer gelaufen und ich versuchte mich nur auf mich selbst zu konzentrieren. Einfach weiterlaufen und ins Ziel kommen.
Ich habe das Rennen schnell gestartet, zu schnell, und bin immer langsamer geworden. Die Kilometer nach und durch Horw haben sich unendlich lang hingezogen. Endlich kommen die Schrebergärten und freue mich auf die Swissporarena. Mittlerweile ist das Stadion aber ziemlich leer. Kurz später erreicht man Kilometer 36. Eine Marke die ich mir schon im City-Train gemerkt habe. Von hier ist eigentlich alles nur noch Bonus, habe ich mir gesagt. So weit bin ich noch nie gelaufen.
Es ist eine schwierige Phase im Rennen. Einfach weiterlaufen, auch wenn man eigentlich gerne eine Pause einlegen würde. Ich habe das Tempo stark reduziert. Man sieht das nachträglich ganz gut in der Statistik. Trotzdem bin ich noch mit einem Schnitt von maximal 5:20 Minuten pro Kilometer unterwegs. Ich schaue eigentlich längst nicht mehr auf meine Uhr. Etwas, das ich gerade während Wettkämpfen auch immer etwas zu vermeiden versuche. Mir geht es vielmehr darum, die letzten Kilometer noch geniessen zu können.
Endlich kommt dann das KKL in Sicht. Hier ist die Stimmung wieder fantastisch. Es gibt viele Kinder die abklatschen wollen und das mache ich dann auch immer gerne. Soviel Zeit nehme ich mir.
Nun folgt noch die Strecke durch die Altstadt. Danach geht es beim Hotel Schweizerhof entlang dem See zum Verkehrshaus. Der Zuspruch der Zuschauer ist nach wie vor überwältigend.
Als ich dann endlich zum Verkehrshaus einbiegen kann, lege ich nochmals alle Kräfte frei und ziehe das Tempo an. Das Verkehrshaus zieht mich wie ein Magnet an. Ich fliege fast über den roten Teppich. Klatsche bei den Kindern ab. Recke meine Arme in die Höhe und geniesse den Moment.
Der Zieleinlauf ist ein sehr emotionaler Moment. Es ist etwas, das ich schon in anderen Laufberichten von Marathons gelesen habe. Ich kann es nur bestätigen. Es fällt mir schwer diesen Moment zu beschreiben. Man muss das wohl erlebt haben. Einen Marathon zu laufen ist eine aussergewöhnliche Herausforderung, die auch einen gewissen Mythos umgibt. Es sind sicherlich auch diese Aspekte, die diesem Zieleinlauf ein besonderes Gewicht geben.
Eigentlich wäre ich nun gerne noch die UNICEF extra Meile gelaufen. Aber dafür fehlt definitiv die Kraft. Stattdessen habe ich noch einen Fehler gemacht, ich bin zum Vorderausgang des Verkehrshauses gegangen und habe mich von dort auf den Weg zu den Umkleidekabinen und Duschen gemacht. Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass ich direkt hinten raus hätte gehen können. Gefühlsmässig war ich wohl 15 Minuten unterwegs zu den Duschen, was wirklich unangenehm war. Ich bin total unterkühlt dort angekommen. Das ist organisatorisch das einzige, was ich bemängeln kann.
Ansonsten war es ein toller Anlass. Ich habe mit einer Zeit von 3:18.35 die running.COACH Prognose nicht erreichen können. Trotzdem bin ich super zufrieden mit dem Lauf. Am Ende hat es für Rang 20. In der Alterskategorie bzw. Rang 129 Overall gereicht. Ich weiss, dass ich nicht perfekt gelaufen bin und klar, die Bedingungen hätten besser sein können. Aber ich bin zufrieden im Ziel angekommen. Und das ist es doch, was zählt!